die Geschichte des Heimelis
Vor langer Zeit – genauer vor über 100 Jahren, als noch nicht einmal jeder oder jede in der Schule lesen lernte, ergab es sich, dass eine junge Unterländerin ins Heimeli kam, eigentlich einfach nur zur Erholung, oder nennen wir es zur Kur...
Hier oben ist das junge Fräulein, namens Agnes, dann hängengeblieben. Mit viel Liebe und Leidenschaft, hat sie, zusammen mit ihrem damaligen Gastgeber, Jakob Engel, den sie schliesslich auch heiratete, angefangen das alte Walserhaus in ein schmuckes Gasthaus zu verwandeln.
Seither hat das Heimeli einige Male den Besitzer gewechselt. Zahlreiche Pächter und Eigentümer haben hier oben gewirkt, bewirkt und Ihre Spuren hinterlassen. Von einigen wissen wir, von anderen leider nicht.
Einer der Vorgänger, Roger Waldmeier, hat dafür gesorgt, dass das Heimeli einen kulinarischen Höhenflug antrat, Oliver Schulthess von Holzrausch, der Eigentümer vor uns, hat einen wichtigen Grundstein gelegt was Ambiente betrifft, und Markus Koch, seit 2012 im Heimeli, sorgt dafür, dass das Heimeli kulinarisch auf Erfolgskurs bleibt.
2017 haben wir alles Geld und allen Mut zusammengerafft und dieses kleine Paradies mit dem Ziel übernommen, dem Heimeli eine Zukunft zu geben und seine Geschichte erfolgreich weiter zu schreiben. Ein grosser Um- und teilweise Neubau war einer der wichtigen Schritte in eine, hoffentlich erfolgreiche, Zukunft. Vielleicht sollte ich an dieser Stelle noch erwähnen, dass weder mein Mann noch ich aus der Gastronomie kommen und schon gar nicht in die Gastronomie wollten. Wir waren lediglich auf der Suche nach einem kleinen Maiensäss, irgendwo in den Bündner Alpen. Dass das Heimeli auf dem Markt ist, wusste ich schon lange, nur war unsere finanzielle Lage nicht so, als dass wir an eine Übernahme hätten denken können. Dann ergab sich aus einer glücklichen Fügung heraus eine Situation, in der wir so zu sagen von heute auf morgen Geld hatten, das wir irgendwie investieren sollten. Als unser «Anlageberater» mich fragte, was ich machen würde, wenn ich diese berühmte Million hätte, kamen mir ohne zu überlegen die Worte über die Lippen: «Dann würde ich das Heimeli kaufen». «Dann kauf das Heimeli!» war seine Antwort. Das war Ende April 2017. Am 8. Mai haben wir Oliver Schulthess kennen gelernt; ich weiss das deswegen noch so genau, weil es unser Hochzeitstag war, und wir an unserem Hochzeitstag immer etwas Besonderes machen... dieser Hochzeitstag war somit mehr als nur besonders, er war geschichtsträchtig.
Am 17. Mai betraten wir zum ersten Mal die Räume des Heimeli...verliebten uns in dieses kleine Paradies, verhandelten und legten los; mit Saisonstart am 1. Juni. In die Gastronomie wollten wir zwar immer noch nicht einsteigen – uns ging es primär um das kleine, zum Heimeli gehörende Maiensäss und darum, hier oben einen Zufluchtsort in den Bergen zu haben. Aber ohne Restaurant kein Maiensäss. Zum Glück gehörte zu diesem wunderbaren Gesamtpaket auch Markus Koch. Er war als Geschäftsführer und Heimeli-Gastgeber bereit, weiterhin im Heimeli zu wirken, was uns vorerst zurücklehnen liess. Doch dann hat es uns den Ärmel so richtig reingenommen. Wir konnten gar nicht anders, als aktiv Hand anlegen. Basierend auf unserer Vision, aus dem Heimeli das Beste kleine Berghotel in den Alpen zu schaffen, packten wir mutig und tatkräftig zu. Vorerst brauchte es neue Personalzimmer, da wir das ursprüngliche Personalhaus für uns nutzten wollten. Ohne lange zu überlegen starteten wir ein Heimeli-Projekt nach dem andern.
Ein Kurzaufenthalt in den Dolomiten zeigte mir auf, weshalb ich mich unter anderem in den Südtirolern Berghäusern so viel wohler fühlte, als an vielen Orten bei uns in der schönen Schweiz. Allein die Umgebung der Südtiroler Gasthäuser strahlt so viel Charme aus, dass man sich einfach willkommen fühlen muss.
Und so ging es dann nach meiner Rückkehr aus den Dolomiten auch gleich an die Veränderung Umgebung. Plackten wurden ausgegraben, Boden wurde umgepflügt, ein passender Spielplatz musste her, Alpenwiesensamen wurden gestreut... Alles ging Schlag auf Schlag und oft ohne lange zu überlegen. Um die Produktionsprozesse in der Küche zu optimieren, brauchte es eine Kühlzelle (anstelle von 7 Kühlschränken und ebenso vielen Tiefkühltruhen). Als wir kurz darauf, unmittelbar vor unserem kleinen Häuschen, eine schäumende Pfütze entdeckten und bei der Suche nach der Ursache feststellen mussten, dass die Kläranlage nicht so funktioniert, wie sie hätte funktionieren sollen, wussten wir was als Nächstes, und zwar sofort und auf der Stelle, getan werden musste. Über die Investition in eine neue Kläranlage mussten wir wohl kaum nachdenken. Also folgte den neuen Personalzimmern samt eigener Nasszelle (Schliesslich soll es da Personal bei uns auch schön haben) eine moderne Bio-Kläranlage. Für die neuen Personalzimmer musste die ursprüngliche Lingerie weichen – also brauchte es eine neue Waschküche... noch mehr Baustellen. Ach ja, und um es nicht zu vergessen, eine Garderobe hatte es im Heimeli bisher auch keine.
Dann, als wir endlich glaubten, es bald geschafft zu haben, tropfte es in der Küche von der Decke, (darüber befanden sich die einzige Dusche und zwei Toiletten). Schon wieder eine Baustelle.
Und wenn wir schon dabei sind... so romantisch es unsere Gäste finden, wenn plötzlich das Licht ausgeht und bei Kerzenschein weiter gegessen werden muss, für das Personal war das meist weniger romantisch. Kerzenschein und Feuer lösten bei uns unweigerlich eine neue Gedankenverknüpfung aus. Was ist, wenn es im Heimeli brennt? Klar, wir haben eine Fluchttreppe vom obersten Stock aus nach unten, – eine aus mittlerweile altem Holz – den Rest kann man sich denken. Und warum geht dauernd das Licht aus? War die Frage, der wir uns als nächstes zu stellen hatten. Weil wir zu wenig Strom und zu viele Energiefresser haben. So ging es munter weiter; Waschmaschine und Tumbler mussten ersetzt werden und eine Gläserspühlmaschine wurde angeschafft. Die Heizung musste dauernd kontrolliert werden, mindestens alle 2 Wochen musste Wasser nahgefüllt werden – und wehe es wurde vergessen! Wir hatten permanent zu wenig heisses Wasser... cool in einem Gastrobetrieb Geschirr mit kaltem Wasser vorzuspühlen. Zwischenzeitlich hatte ich aufgehört unsere kleinen Bauprojekte zu zählen. Alleine schon aus Angst vor den unzähligen neuen Rechnungen.
Die Investitionen wollten kein Ende nehmen: Als ich zum x-ten Mal sah, wie Markus mit einem brennenden Holzscheit versuchte den Gasbackofen einzuheizen, wusste ich, auch dieser würde irgendwann seinen Geist ganz aufgeben.
Eines Tages stellte sich mein Mann, der mich so ab und zu fluchen hörte, die Frage, ob es nicht vielleicht besser wäre, endlich alle Schwachstellen auf einmal zu beheben, was einem Gesamt Um-und teileweise sogar Neubau gleichkäme. Ich mochte nicht daran denken, aber als dann auch noch Lebensmittelinspektor viel Goodwill zeigen und sich anstrengen musste, beide Augen zuzudrücken, kam was kommen musste.
Einiges, wie zum Beispiel die Waschküche, fielen, kaum waren sie richtig fertig, dem Neubau wieder zum Opfer. Wie widersinnig, aber so war es. Und heute sage ich voller Überzeugung, es musste sein wie es war und es ist gut, wie es jetzt ist. Aber jetzt ist gut!
Während der Planungsphase fiel mir das Buch von Agnes Engel «im Schatten der Chüpfenfluh» in die Hand und mir wurde klar, auch Sie kämpfte für das Heimeli, und das vermutlich viel mehr, als wir es heute, hundert Jahre später tun.
Das Heimeli ist ein geschichtsträchtiges Haus. Ein Haus voller Leben und voller Abenteuer. Die Geschichte sagt uns, dass das Heimeli seit 1907 eine Herberge ist. Was wir wissen ist, dass Agnes Engel damals als junges Mädchen ins Heimeli kam, weil sie in der Bergluft kuren sollte. Also gab es damals schon so etwas wie eine Herberge. So richtig ein Gasthaus wurde das Heimeli erst in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts. Vieles aus der damaligen Zeit wäre längst in Vergessenheit geraten, hätte es Agnes nicht in ihrem kleinen Buch festgehalten.
In «Am Fusse der Chüpfenflue» schreibt Agnes Engel von ihrer Zeit im Heimeli. Sie schreibt über das 200jährige Walserhaus, zu dem sie Sorge tragen und daraus ein Hotel machen wollte. Sie schreibt über Baubewilligungen, und die Probleme, die ein Umbau in dieser Höhenlage mit sich bringt, über Fragen bei denen es um Wasser und Strom geht – genau wie bei uns heute.
Zwischenzeitlich ist das Heimeli über 300 Jahre alt. Das kleine Hotel, wurde durch Agnes Engel wachgeküsst und wir sind es, die die Heimeligeschichte weiterschreiben dürfen. Unser Ziel ist es, dem Heimeli die Zukunft zu geben, die es verdient. Wie bereits Agnes Engel sie hatte, haben auch wir unsere Visionen.
Agnes schrieb: «Nach einem, wie mir schien, endlosen Papierkrieg – welch ein Glück, dass ich in der Schule das Schreiben gelernt hatte – und nach einem höchstpersönlichen Besuch zweier Herren Regierungsräte auf «Augenschein» wurde festgestellt, dass unser «Hotel» wirklich erneuerungsbedürftig war.»
Und heute, 100 Jahre später ist es nicht anders. Was getan wird, muss getan werden. Sowohl Küche, als auch die sanitären Anlagen waren erneuerungsbedürftig, wenn wir dem Heimeli als Hotelbetrieb eine Zukunft geben wollen.
Als ich im Buch von Agnes Engel über die damaligen Renovationsarbeiten las, habe mich gefragt, was wohl passieren würde, wenn wir das Rad der Zeit zurückdrehen würden. Zu den Strohmatratzen, der fensterlosen, rauchgeschwärzten Küche, den Petrollampen. Undenkbar sagen wir, unzumutbar würden vermutlich unsere Gäste sagen, unzulässig die Ämter insbesondere das Lebensmittelinspektorat. Und Agnes Engel? Was würde sie sagen? «Tragt Sorge zum Heimeli und schreibt seine Geschichte weiter...» und vermutlich würde sie sogar noch hinzufügen: «und sorgt euch nicht drüber, dass ihr keiner keinerlei fachliche Erfahrung habt, die hatte ich auch nicht! Aber ihr habt wie ich, die Liebe zu diesem einmaligen, kleinen Paradies. Das ist das wichtigste...»
Danke Agnes Engel für deine Vorarbeit.
Dann gibt es da sonst noch das eine oder andere, das über das Heimeli erzählt wird: Viele Informationen habe ich von Hans Zippert. Weit über 80, mag er sich trotzdem noch an einiges erinnern, wie beispielsweise, daran, dass Jakob Engel als Ziehsohn zu seinen Pflegeeltern ins Heimeli kam. Ob er adoptiert wurde, weiss man nicht mehr so genau. Was man jedoch weiss ist, dass seine Pflegemutter noch im vorletzten Jahrhundert über den Stralapass nach Davos zum Einkaufen ging und anscheinend sogar 50 Kg Mehlsäcke über den Pass trug. Selbst wenn es nur 25 Kg gewesen sind, es ist auf jeden Fall beachtlich. Was er ebenfalls noch zu berichten wusste ist, dass es früher im Heimeli nicht nur ein Plumpsklo, sondern gleich zwei Löcher nebeneinander hatte. So entstand wohl das Wort «Sitzung» - man konnte dort wichtige Gespräche führen, wie dereinst die Römer mit unzähligen Klos nebeneinander.
Für jede neue – alte Geschichte über das Heimeli bin ich dankbar – ich werde weiter sammeln und weiter schriftlich festhaten.
Der Heimeliumbau
Ursprünglich bestand das Heimeli aus nur 2 Stockwerken plus Keller. Irgendwann wurde aufgestockt und das alte Schindeldach durch ein neues Eternitdach ersetzt. Der grosse Umbau fand in den 40–er Jahren statt – damals wurde nach hinten angebaut. Später kamen Seitenbauten dazu und es entstand ein verschachteltes Haus mit vielen Türen und Gängen.
Erst ca.1976 wurde unser kleines Maiensäss sozusagen von einer oberen Hügelkuppe zum heutigen Standort unplatziert.
Bei der aktuellen Erweiterung des Hauptgebäudes haben wir stark darauf geachtet, dass der Neubau das alte Heimeli nicht konkurrenziert und dieses im Zentrum bleibt. Ich denke, wir dürfen sagen, das ist uns gelungen.
Und wie soll die Heimeligeschichte weiter gehen? Wir sind überzeugt, durch diesen Um- und Neubau haben wir die Heimelizukunft aufs Erste gesichert.
Was wir uns für das Heimeli wünschen? Es soll Ort der Begegnung, der Feste, der Gemütlichkeit und der Freude bleiben, eine Oase der Ruhe und Entspannung aber auch ein Ort an dem man gerne isst, weil es kulinarisch viel zu bieten hat.
Für Jung und Alt , Unterländer und Einheimische, Reich und Arm (mit ein Grund, weshalb wir darauf achten, dass auf unserer Karte immer auch preiswerte Speisen zu finden sind), soll das Heimeli, für eine lange oder kurze Weile, ein Stück Heimat sein, ein Haus, das an längst vergangene Zeiten erinnert, ein Haus das Geschichten zu erzählen weiss.
Auch wenn die Heimelizukunft aktuell auf sicheren Beinen steht, um zu überleben brauchen wir Gäste, nicht nur an den Wochenenden, auch unter der Woche. Um langfristig Gäste von Nah und Fern anzulocken, müssen und wollen wir etwas bieten, und vor allem mehr bieten als nur gut zu sein. Es reicht heute nicht mehr aus, einfach gut zu sein - wir wollen zu den Besten gehören - kulinarisch, aber auch was den Charme und das Ambiente betrifft. Jede 4 – Sterne Bewertung ermahnt uns daran, dass es noch besser geht, bei jedem Gast, der uns nicht mit einem Lächeln auf dem Gesicht und dem Versprechen wieder zu kommen verlässt, waren wir nicht gut genug. Wir wollen besser werden, denn das Heimeli ist unsere Leidenschaft.